Donnerstag, 18. April 2019

Heimat, deine Berge ....

Ich habe Heimweh.
Seit 18 Jahren lebe ich nun in Bayern. Und ich lebe gern hier. Land und Leute sind wunderbar. Mein Kind hat einen wundervollen Ort, um groß zu werden. Ich habe hier meinen Job, meine Freunde und meine Familie. Das Allgäu ist bei jedem Wetter schön und die Berge - direkt vor der Haustür - sind so tröstend in ihrer allgegenwärtigen Mächtigkeit.
Und doch habe ich Heimweh.
Ich komme aus einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. Eigentlich eher ein Dorf, dass an eine Kleinstadt angegliedert ist. Dort lebt niemand mehr von meiner Familie. Ich bin damals weggegangen, ohne zurückzublicken. Und habe es nie bereut.
Doch seit ein paar Monaten sehne ich mich nach meinem alten Dorf, nach den Häusern und Straßen, die ich als Kind gesehen habe und die mir so langweilig vorkamen. Wir leben hier an einem Ort, an dem mein Mann aufgewachsen ist. Er ist tief in seiner Vergangenheit verwurzelt. Die Orte, an denen unser Kind spielt sind die gleichen Orte wie damals. Er trifft auf der Straße Leute, mit denen er zur Schule ging oder die schon immer hier gewohnt haben. All das habe ich hier nicht. Niemand hier kennt mich von früher und kann sagen "Ach guck mal, die Kleene. Jetzt ist sie erwachsen und hat ihre eigene Familie". Ich kann mit niemandem Geschichten von früher wälzen. In welche Discos wir gegangen sind, welche Mädchen damals in der Schule schon Zicken waren, in welcher Scheune wir früher gespielt haben.
All das fehlt mir, mit jedem Monat ein bisschen mehr. Zur Zeit ist es ganz schlimm. Ich erwische mich, wie ich bei Google Earth mein Elternhaus suche und den Schulweg, den ich früher gegangen bin. Wie ich im Telefonbuch nach Namen Ausschau halte, die mir bekannt vorkommen. Wie ich Fotoalben wälze und mir die Tränen dabei über´s Gesicht kullern. Niemals hätte ich gedacht, dass es mich mal so erwischen würde. Damals war ich doch froh, endlich wegzukommen. Gleich nach dem Studium war ich auf und davon. Weg aus dem alten Ossi-Mief, rein in´s Abenteuer.
Und jetzt heule ich im Auto los, wenn Adele ihr "A million years ago" singt.
Ich will nach Hause. So sehr. Ich will meinem Sohn zeigen, wo ich herkomme. Ich will ihm meine alte Schule zeigen, meinen liebsten Platz im Wald hinter´m Haus, die Kirche, deren Glockengeläut mich alle Viertelstunde genervt hat. Aber es ist nicht nur so, dass ich ihm all diese Dinge zeigen will. Vor allem will ich selbst sie wiedersehen. Ich will den kleinen staubigen Weg zu dem Friedhof gehen, auf dem mein Bruder viel zu früh gelandet ist. Ich will das Haus der alten Eierfrau suchen, der wir früher unsere Eier von den 30 Hühnern im Hof gebracht haben. Ich will die Straße entlang fahren, auf der ich mühsam (und zugegeben ziemlich langsam und tollpatschig) Radfahren gelernt habe.
Meinem Mann blieb meine Traurigkeit der letzten Zeit nicht verborgen. Er hat sich Gedanken gemacht und beschlossen, mir ein unvergleichliches Ostergeschenk zu machen. Heimlich hat er eine Pension in meiner Heimatstadt gesucht und Zimmer für uns gebucht. Es ist nur für drei Tage, über´s Osterwochenende. Doch das ist das wohl schönste Geschenk, dass er mir machen konnte.
Heute morgen hat er mir gesagt, dass ich schonmal packen soll. Morgen Nacht geht´s los. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich auf dieses Wochenende freue. Das Dauergrinsen auf meinem Gesicht ist schon rekordverdächtig und gleichzeitig rollen immer noch die Tränen. Aus Vorfreude jetzt, und aus purem Glück. Und auch noch vor Sehnsucht....

2 Kommentare:

  1. ich kann dich so gut verstehen und ich wünsche dir ein wundervolles Osterwochenende<3

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    1. Vielen Dank, Puschkalina. Ich glaube, das werde ich haben. :)

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